Wir brauchen einen Paradigmenwechsel

Dr. Theo Waigel gehört zweifelsohne zu den bekanntesten Politikern unseres Landes. Der mittlerweile 81-jährige war fast zehn Jahre Bundesfinanzminister und gilt als „Vater des Euro“. Wir haben den Präg-Kunden zum Gespräch über sein Leben heute und die Energiewende getroffen.
Text Christian Mörken
Fotos Benedikt Siegert

Herr Dr. Waigel, Sie haben ein bewegtes Politikerleben hinter sich und könnten sich eigentlich ins Private zurückziehen, aber Sie sind immer noch an vielen Stellen tätig. Was reizt Sie daran?
THEO WAIGEL: Nun, das findet schon alles mit reduziertem Aufwand statt. Aber ich genieße es noch immer, Menschen zu begegnen und habe Spaß an der Abwechslung. Nach meiner politischen Laufbahn war ich auch noch viele Jahre für Siemens und Airbus tätig. Ich bin also immer aktiv gewesen. Der Unterschied ist nur der, dass ich früher immer eine große Entourage dabei hatte und heute meist ganz allein unterwegs bin (amüsiert).

Wie nimmt der „politische Mensch“ Theo Waigel heute am politischen Geschehen teil?
THEO WAIGEL: Aus der Distanz. Es interessiert mich noch sehr und ich lese täglich vier Tageszeitungen. Zuerst die Allgäuer Zeitung, dann die Süddeutsche und die FAZ und den Münchner Merkur. Zeitung
lese ich schon, seit ich sieben oder acht Jahre alt bin. Damals habe ich zuerst besonders auf den Sport geschaut. Das interessiert mich auch heute noch sehr, aber daneben sind mir besonders die lokalen Nachrichten wichtig. Das Lokale verkörpert einfach die Heimat, und das ist die Wurzel von allem.

Fällt es nach so vielen Jahren als aktiver und einffussreicher Politiker eigentlich schwer, heute den Nachfolgern zuschauen zu müssen? Möchte man da manchmal noch gerne eingreifen?
THEO WAIGEL: Nein, ich sehne mich nicht zurück und schaue auch nicht zurück. Da sind jetzt andere an der Reihe und das ist auch gut so.

Sie haben im Zusammenhang mit der Währungsunion im Zuge der deutschen Wiedervereinigung einmal gesagt, dass Sie sich damals an den gesellschaftlichen Realitäten orientiert haben. Damit war gemeint, dass der Wechselkurs von D- und Ostmark in erster Linie politisch und nicht ökonomisch entschieden wurde, weil man die Menschen im Osten nicht schlechter stellen wollte ...
THEO WAIGEL: Hätten wir da einen anderen Wechselkurs gewählt, der die Ostdeutschen deutlich schlechter gestellt hätte, dann wäre das durchschnittliche Gehalt eines berufstätigen Ostdeutschen niedriger gewesen als die Sozialhilfe im Westen. Was das zur Folge gehabt hätte, kann man sich vorstellen. Damals haben manche Ökonomen dieses Vorgehen stark kritisiert, aber ich habe mich gerade erst vor Kurzem mit einem namhaften Ökonomen unterhalten und ihn gefragt, was wir damals falsch gemacht haben. Und seine Antwort lautete: „Fast nichts“.

Nun stehen wir an einem anderen Punkt vor neuen gesellschaftlichen Realitäten, nämlich beim Weltklima. Was ist hierbei für Sie die größte Herausforderung?
THEO WAIGEL: Wir brauchen hier einen klaren Paradigmenwechsel in der Politik und in der Gesellschaft an sich. Nur noch Narren können leugnen, was da stattfindet. Es gibt da diesen Satz, dass wir den nachfolgenden Generationen die Welt nicht schlechter überlassen dürfen, als wir sie vorgefunden haben. Deshalb gilt es jetzt entschieden zu handeln. Wir brauchen da einen Mix aus Energiesparen und der Entwicklung neuer Energieformen.

Wo sehen Sie dabei die größten Handlungsspielräume für die Politik?
THEO WAIGEL: Die Politik muss den Rahmen setzen. Das heißt konkret, sie muss die Forschung unterstützen. Umsetzen muss es dann die Wirtschaft.

Haben Sie denn schon privat Ihre Energie umgestellt?
THEO WAIGEL: Ja, das habe ich. Unser Haus ist bereits energiesparend umgebaut und mit einer Photovoltaikanlage versehen. Das Gleiche machen wir nun auch mit meinem Bauernhof in Oberrohr. Und können Sie sich auch für das

Thema E-Mobilität begeistern?
THEO WAIGEL:
Absolut. Meine Frau fährt ein E-Auto und ist davon sehr begeistert. Ich bin allerdings noch im Benziner unterwegs.

Haben Sie noch ein Anliegen, – gleich aus welchem Bereich – für das Sie sich unbedingt noch einsetzen möchten?
THEO WAIGEL:
Ja, unsere Demokratie. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass sie lebendig bleibt und nicht von rechts oder links untergraben wird. Ich denke zwar schon, dass die Demokratie in Deutschland recht gefestigt ist, aber es gibt von den rechten und linken Rändern starke Bemühungen, das zu untergraben. Da kommen völlig andere Ideologien und es wird fern der Fakten argumentiert. Das halte ich für sehr gefährlich.

 

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